Biographie Max Seddig

 

©  Tube Collection Udo Radtke,
Germany
  2012-04-25


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Max Seddig  1877-1963

Die Veröffentlichung dieser Biographie erfolgt mit ausdrücklicher Genehmigung von Herrn Prof. Bethge, Mitautor des Buches:  "Physiker und Astronomen in Frankfurt", erschienen 1989. Die in diesem erschienene Biographie wurde erstellt von Prof. Günter Haase, München.

Max Seddig, 1955

MAX SEDDIG wurde am 19. Februar 1877 in Crimmitschau in Sachsen als Sohn des Telegraphenobersekretärs WILHELM SEDDIG und seiner Frau ELISE, geb. KAHNERT geboren. In seiner Schulzeit am Thomas-Gymnasium in Leipzig erhielt er eine grundlegende humanistische Bildung, die seine geistige Entwicklung weiterhin prägte. Schon früh zeigte sich eine starke Neigung zur Mathematik und zu den Naturwissenschaften, vor allem zur Physik, in der er sich nach dem Urteil seiner Lehrer durch selbständiges ideenreiches Experimentieren besonders hervortat.

An der Universität in Leipzig widmete er sich in den ersten vier Semestern dem Studium der Medizin, das er durch Vorlesungen in Physik und Mathematik ergänzte. Vom zunächst beabsichtigten Studium der Physik hielten ihn die schlechten Berufsaussichten zurück, zumal er auf keinen Fall Gymnasiallehrer werden wollte. Als er dann in Greifswald sein Studium fortsetzte, beeindruckten ihn zwar die großen Vorlesungen von Geheimrat AUGUST BIER sehr, aber die Physik erwies sich als stärker. Der Direktor des Physikalischen Instituts, der Helmholtzschüler RICHARZ, erkannte SEDDIGS hervorragende experimentelle Begabung, förderte ihn und gab ihm schon bald das Thema für die Doktorarbeit. Als RICHARZ 1901 einen Ruf nach Marburg erhielt, übersiedelte SEDDIG mit ihm dorthin.

1902 wurde SEDDIG in Marburg mit der Arbeit: "Darstellung des Verlaufes der elektrischen Kraftlinien und insbesondere ihrer Richtungsänderungen durch Dielektrika" promoviert (Ann. Phys. (4) 11 (1903) 815). Mit der Elektrostatik beschäftigte sich SEDDIG auch später noch mehrmals. Es seien nur Untersuchungen (des Ballonfliegers SEDDIG) über "Elektrische Ladung auf Ballonhüllen", Arbeiten über Aufladungen von Filmbahnen für photographische Emulsionen und nach dem 2. Weltkrieg über Aufladung und bildmäßige Entladung von xerographischen Schichten und über triboelektrische Effekte bei der xerographischen Entwicklung genannt. Er bedauerte sehr, daß er bei allen seinen Studien über elektrische Ladungen an Oberflächen von Dielektrika, Sichtbarmachung von Ladungsbildern mit Hilfe von Pigmenten und Entladungsphänomene an der Atmosphäre nicht auf die Idee der Xerographie oder Elektrophotographie gekommen war. Er erkannte aber aus eigener Erfahrung das ihm in der Kette noch fehlende Glied, das den "Funken" zur Erfindung erst hervorbringen konnte.

SEDDIG blieb bis 1907 als Assistent in Marburg, wo er neue Praktika einrichtete und RICHARZ als Vorlesungsassistent unterstützte. Neben der Betreuung von Doktoranden und der Veröffentlichung einiger kleinerer Arbeiten konnte er sich von 1904 an auf Anregung von RICHARZ auch seiner Habilitationsarbeit widmen. Er habilitierte sich dann 1908 an der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften in Frankfurt am Main mit der Arbeit: "Messung der Temperaturabhängigkeit der Brownschen Molekularbewegung" (Phys. ZS 9 (1908) 465). RICHARZ spricht in seinem Gutachten von einer "Experimentaluntersuchung 1. Ranges". RICHARD WACHSMUTH, der spätere erste Rektor der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, spricht als Experimentalphysiker "von einer nach der experimentellen Seite hin ungewöhnlichen Produktivität des Verfassers". SEDDIG wurde mit seiner Arbeit in der Reihe der Pioniere auf dem Gebiet Perrin und The Svedberg gesehen. EINSTEIN schätzte die Arbeit vor allem im Hinblick auf die mit großer Geschicklichkeit und Sorgfalt erreichte hohe Meßgenauigkeit und die darin begründete Aussagekraft.

Noch im Jahre 1909 richtete SEDDIG in Räumen des Physikalischen Vereins ein Laboratorium für wissenschaftliche Photographie ein. 1913 wurde SEDDIG Abteilungsvorsteher. Bei der damals üblichen Honorierung von Assistenten und Privatdozenten mußte SEDDIG zur Bestreitung seines Unterhaltes über etliche Jahre eine beratende Tätigkeit in der Industrie ausüben. Dort hatte er auch Gelegenheit, nach eigenen Ideen optische Geräte und spezielle Apparaturen bauen zu lassen, die er als persönliches Besitztum für Forschung und Unterricht in seine Abteilung einbrachte. in dieser für ihn wirtschaftlich schwierigen Zeit erschütterte ihn im Jahre 1912 der Tod seiner ersten Frau zutiefst.

1989 kann man in Frankfurt am Main den 80. Jahrestag des ersten akademischen Unterrichts in wissenschaftlicher Photographie zusammen mit dem in der Welt begangenen 150. Jahrestag der Bekanntgabe der Daguerreschen Entdeckung durch Arago in der Akademie in Paris feiern. Hier möge auch die Erinnerung wachgerufen werden an die Daguerrefeier am 22. Juni 1949, bei der in Gegenwart von namhaften Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik in Anwesenheit der Familie SCHLEUSSNER die Daguerrebüste vor dem Verwaltungsgebäude der Firma Dr. C. A. SCHLEUSSNER eingeweiht wurde und SEDDIG als Vertreter der Wissenschaft damals heilsame und ermutigende Worte für die Erneuerung und Fortführung wissenschaftlich-photographischer Arbeit und für einen schöpferischen Unternehmergeist sprach.

SEDDIGS Laboratorium für wissenschaftliche Photographie fand überall in Deutschland hohe Anerkennung (SEDDIG, "Das Laboratorium für wissenschaftliche Photographie und optische Projektion im Physikalischen institut in Frankfurt am Main", Naumann's Druckerei, Frankfurt am Main 1914). SEDDIG sah aber Optik und Photographie nur als Glieder einer allgemeinen Nachrichtentechnik, in die auch elektrische und akustische Methoden eingeschlossen werden sollten, die er zunächst nur in Vorlesungen und Seminaren behandelte. Für das weiter gefaßte Konzept ergaben sich schon sehr bald mit dem Beginn des 1. Weltkrieges Notwendigkeiten der Realisierung. Om physikalischen institut der im Oktober 1914 feierlich eröffneten Universität Frankfurt am Main, an der ihm 1915 der Titel eines Professors verliehen wurde, entwickelte SEDDIG einen neuen Typ einer Elektronenröhre, die sich durch besonders hohe Leistungsfähigkeit und Robustheit bei geringer Größe auszeichnete. Mit dieser Röhre und einigem Zubehör stand SEDDIG in der Reihe der Pioniere der Elektronenröhrenentwicklung ("Seddig-Röhre" im Deutschen Museum in München). Er wurde 1916 vom Kriegsministerium beauftragt, in Würzburg eine Fabrik einzurichten, in der Elektronenröhren für Sender und Verstärker bis zum Kriegsende entwickelt und hergestellt wurden. Nach entsprechenden Abwicklungsarbeiten baute SEDDIG am Physikalischen Institut eine Abteilung für Nachrichtentechnik auf, die im wesentlichen mit von ihm selbst und vom damaligen Reichswehrministerium zur Verfügung gestellten Geräten ausgestattet war. Die von der Universität und von anderen Institutionen zunächst mit großem Erfolg geführten Bemühungen, für SEDDIG ein Extraordinariat für seine Spezialgebiete einzurichten, für das die Fakultät die Entscheidung bereits gefällt hatte und für das Mittel schon bereitstanden, scheiterten infolge der Inflation, die in den nächsten Jahren zu äußerster Sparsamkeit Zwang. Sein Freund CLEMENS SCHÄFER, der Vertreter der theoretischen Physik an der Universität Breslau, wollte ihn gern für den dortigen Lehrstuhl für angewandte Physik gewinnen. Die Fakultät hatte SEDDIG schon auf die 1. Stelle ihrer Vorschlagsliste gesetzt. Es war aber nur allzu verständlich, daß SEDDIG sich sehr stark an seine Institutsabteilung in Frankfurt am Main gebunden fühlte, für deren Entstehung und Wachstum er so viel Kraft eingesetzt hatte. So war es eine große Erleichterung und Befriedigung, als SEDDIG 1933 zum ordentlichen Professor in Frankfurt am Main ernannt wurde. Er erhielt mit der gleichzeitigen Ernennung zum Vorsteher der Abteilung für Nachrichtenwesen den entsprechenden Lehrauftrag. 1935 wurde er zum Direktor des Instituts für Angewandte Physik mit dem dazugehörigen Lehrauftrag ernannt.

SEDDIG widmete sich in den folgenden Jahren dem Ausbau der angewandten Physik in der oben genannten breiten KOnzeption. Alte Verbindungen wurden neu geknüpft, so u. a. mit der Firma Leitz in Wetzlar, mit den Optischen Werken JOSEF SCHNEIDER in Kreuznach, bei deren Gründung SEDDIG Pate stand, und mit der Filmfabrik Dr. SCHLEUSSNER. Beide, J. SCHNEIDER und C. A. SCHLEUSSNER, waren häufige Gäste des instituts sowohl als Lernende im Bereich Forschung und Lehre als auch als anregende Diskussionspartner. Aus der Photochemie sei nur ein Thema herausgegriffen: Die Anwendung von Ultraschall bei der Herstellung hochauflösender, feinkörniger Emulsionen und bei der Feinkornentwicklung. H. J. HEUSER widmete sich als Assistent einige Zeit dem Erschmelzen optischer Gläser in hochfrequenten elektrischen Feldern zur Herstellung blasen- und schlierenfreien Materials. Von der Optik her kamen mit Beginn des 2. Weltkrieges neue Themen hinzu: Physik und Technik des Hochvakuums, Hochvakuum-Aufdampftechnik, Grenzflächenphysik, Reflexionsminderung an Optischen Systemen u. a. Das elektrische Nachrichtenwesen und insbesondere die Hochfrequenztechnik wurde in den späten dreißiger Jahren in Vorlesungen, Forschung und Praktika selbständig von dem Assistenten und dann habilitierten Dozenten O. SCHÄFER vertreten, der sich in den Nachkriegsjahren mit großem Erfolg dem jungen Gebiet der Regelungstechnik zuwandte, für das er ein beliebtes und weit verbreitetes Lehrbuch schrieb, um schließlich an die Technische Hochschule Aachen auf den entsprechenden Lehrstuhl berufen zu werden. Seinem Assistenten G. HAASE gab SEDDIG die Möglichkeit, sich zu habilitieren und später als Professor selbständig eine Abteilung für wissenschaftliche Photographie mit Forschungslaboratorien und Praktika einzurichten und die Frankfurter Tradition fortzuführen, die dann 1970 von F. GRANZER übernommen wurde, als HAASE einen Ruf auf den Lehrstuhl für wissenschaftliche Photographie an der Technischen Universität München annahm.

 

Aus dem weiten Feld der angewandten Physik ließen sich noch etliche weitere Themen nennen, bei denen SEDDIG schöpferisch tätig war. Als beispielhaft seien genannt die Zusammenarbeit mit der William G. Kerckhoff-Stiftung (Thema: Kardiographie) in Bad Nauheim und mit dem Chef der Kinderklinik an der Böttgerstraße (in Frankfurt), Prof. K. SCHEER, mit dem er Geräte für die Milchbestrahlung zur Rachitisbekämpfung in den ersten Nachkriegsjahren (1946-1950) entwickelte.

SEDDIGS Unterrichtsveranstaltungen hatten von Anfang an einen eigenen Stil. Die konventionelle Vor"lesung" liebte er gar nicht. Wenn er Vorlesungen hielt, waren sie mit Fragen und Diskussionen "gewürzt". Um diesen Stil sinnvoll zu ermöglichen, stellte er für die Teilnahme hohe Ansprüche, die er später auch dann nicht reduzierte, wenn nur ein kleiner Hörerkreis übrig blieb oder wenn die Vorlesung aus diesem Grunde gar ausfallen mußte. An die Stelle der Vorlesung trat das Seminar, in dem von den Mitarbeitern erhebliche selbständige Vorarbeit gefordert wurde. Manche "Vorlesung" fand im seminaristischen Stil am Arbeitsplatz eines Doktoranden statt.

Der eigene Arbeitsstil SEDDIGS in Forschung und Lehre und im Umgang mit Kollegen und Mitarbeitern bewährte sich vielfach in besonders schwierigen Situationen der Universität im Laufe ihres 75jährigen Lebens: im 1. Weltkrieg, in der folgenden inflationszeit, in der Zeit des katastrophalen wirtschaftlichen Niedergangs, in der politisch so gefahrvollen Zeit mit dem 2. Weltkrieg und in der schweren Nachkriegszeit, als die Universität - wie große Teile der Stadt - in Trümmern lag. Was die wirtschaftliche Situation betraf, konnte SEDDIG durch seine erfolgreiche, Vertrauen schaffende kontinuierliche Zusammenarbeit mit der industrie immer wieder einen erheblichen Beitrag zur Regenerierung und Stabilisierung leisten. in den politisch so gefahrvollen Jahren waren aber über die hohe fachliche Kompetenz hinaus noch ganz andere persönliche Qualitäten ausschlaggebend, an deren Prägung auch die humanistische Bildung mitwirkte, auf deren Hintergrund die naturwissenschaftliche Bildung eigene Formen annahm. Die "Stammwurzeln" reichen bei SEDDIG tiefer. In 1. Näherung können wir ein Bild benutzen, das EBERHARD BUCHWALD entwarf ("physik, gleichung und gleichnis", Physik-Verlag, Mosbach 1967). In dem Descartesschen Koordinatensystem, in das wir den Menschen setzen, schreiben wir an die x-Achse "res extensa" (Mate- rie im weiten Sinne), an die y-Achse "res cogitans", aber: "Das Seelische ist in diesem System verschwunden, Liebe und Haß, Glück und Leid, die Schönheit und Kants moralisches Gesetz in uns". In der Ebene lebt der "Fachmensch", der "Flächenmensch", der "oberflächliche Mensch". SEDDIG war ein "mehrdimensionaler" Mensch. Er wußte um die Komplementarität von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, ohne ihr wörtlichen Ausdruck zu geben, vor allem in den erwähnten kritischen Jahren hatte er aus diesem Spannungsverhältnis heraus immer wieder zu entscheiden. Er war entschiedener Gegner des Nationalsozialismus und er verstand es, mit seinem zuweilen sarkastischen Humor unter Benutzung seiner souveränen Beherrschung der alten Sprachen, seiner die Kollegen immer wieder überraschenden Zitate aus Homers und Platos Werken und aus den Dichtungen der römischen Satiriker in "kodierter" Form nur Eingeweihten verständliche Wahrheiten auszusprechen. So saß manchmal schon vor Kriegsende ein - wie SEDDIG sagte - "wunderlicher", sehr "heterogener" Kreis in seiner "Proletarskaya " beisammen. Allen konnte er offenbar etwas Bedenkenswertes mitgeben. Nur in kleinem Mitarbeiterkreis konnte eine Äußerung fallen wie. "Wir hören, daß wir in einer großen Zeit leben, die mikroskopisch kleine wäre mir lieber". In einem weiteren Kreis möglich war: "ich sage nichts, aber Gott hört mein Brummen".

SEDDIG war nicht fromm im konventionell konfessionellem Sinne, aber wieviele religiös gegründete Gespräche haben wir in mancher Bombennacht und bei manchem Tagesangriff im improvisierten Luftschutzraum geführt. Die Themen ergaben sich von selbst, wenn Sinn und Unsinn menschlichen Tuns in solchen Stunden bedacht wurden. Tief lagen bei allem Schmerz die Wurzeln für SEDDIGS Mut und Tapferkeit, wenn nach dem Ende eines Bombenhagels die Blicke auf die umfangreichen Brandherde und Trümmer ringsum, auf die Trümmer des eigenen Hauses des Physikalischen Vereins und auf den leuchtend roten Himmel über der Stadt fielen, wenn unverzüglich immer unter Lebensgefahr Rettungs- und Bergungsmaßnahmen getroffen werden mußten. Die gleichen Tugenden waren erforderlich, als der kämpfenden Truppe angehörende amerikanische Soldaten das Gebäude des Physikalischen Vereins besetzten und SEDDIG, der allein im Hause war, sie - mit der Maschinenpistole im Rücken - durch das Gebäude führen mußte. Vor wieviel Schaden hat SEDDIG durch seinen Einsatz die Universität bewahren können! Welches wertvolle Instrumentarium konnte er retten, das die frühe Wiederaufnahme des Unterrichts erst ermöglichte! Der Physikalische Verein ernannte SEDDIG zum Ehrenmitglied. Gleich nach der Besetzung gelang es SEDDIG, das Vertrauen der amerikanischen Universitätsoffiziere zu gewinnen, das für den Wiederaufbau, an dem SEDDIG als Prorektor der Universität und als Hausdekan maßgeblichen Anteil hatte, von größter Bedeutung war. Ein solches Vertrauen war auch nötig für den Anteil, der SEDDIG bei den angeordneten Entnazifizierungsmaßnahmen übertragen wurde. Hier erlebte man wieder den Humanisten im weiten Sinne des Wortes, der wieder in dem ihm vertrauten Spannungsfeld zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit entscheiden mußte und so das ihm geschenkte Vertrauen zum Wohle der Universität fortpflanzen konnte. Der damalige Rektor, der Orthopäde G. HOHMANN, schrieb bei SEDDIGS Tode: "Ich habe ihn sehr geliebt, und er hat mir und der Universität große Dienste getan in der schlimmen Zeit... Ich werde ihn nicht vergessen. "

Zum Schluß muß noch etwas gesagt werden zu der legendären "Proletarskaya", für viele "Asyl" in gefahrvoller Zeit und "Denk- und Planungsstätte" in der Wiederaufbauzeit. Das könnte niemand treffender und gefühlvoller zum Ausdruck bringen als es WILLY HARTNER im Uni-Report 1980 gelang: "Unmittelbar nach dem Einmarsch der Amerikaner, im Frühsommer 1945, gingen unsere Gespräche weiter. Sie fanden zumeist statt in Professor SEDDIGS, des neu ernannten Prorektors kombiniertem Wohn-, Arbeits-, Schlaf- und Empfangszimmer ("Salon") im Keller des Instituts für angewandte Physik, von ihm, dessen sarkastischer Humor in unseren Ohren noch nachklingt, "Proletarskaya" getauft. Kein Fenster, eine Kerze oder Azetylenlampe auf dem Tisch, Bunsenbrenner (wenn es Gas gab) als Heizung... dazu als Bewirtung gekochte... Kartoffeln (wenn es sie gab) mit etwas Salz, Ersatzkaffee und an besonderen Tagen selbstdestillierten Schnaps, den SEDDIG als "wahrscheinlich nicht giftig" bezeichnete. Und all das eingehüllt in dichte Wolken von Rauch aus Zigarren zweifelhafter Provenienz... In Proletarskaya also wurden die Pläne für den Wiederaufbau der in Trümmern liegenden Naturwissenschaftlichen Institute... und vieles andere geschmiedet".

Dr. PH. SIEDLER, der Vorsitzende des Physikalischen Vereins, schrieb zu SEDDIGS Tode 1963: "Als dann die regelmäßigen Vorträge des Physikalischen Vereins wieder beginnen konnten, gab es keinen, vor dem sich die Vorstandsmitglieder der nun auch längst dahingegangene Dr. LUDWIG PROTZ und der Verfasser dieses Nekrologes - nicht in seiner "Höhle", dem gemütlichen, mit einem großen, zu Lebzeiten JOHANN SEBASTIAN BACHS entstandenen Portrait des großen Meisters geschmückten Arbeitszimmer Seddigs ("Proletarskaya") im Keller unseres Hauses trafen, um mit ihm alle wichtigen Angelegenheiten unseres Vereins zu besprechen und seinen bewährten Rat einzuholen." 1949 erst, also in seinem 72. Lebensjahr begann SEDDIGS Ruhestandszeit. Sein opfervoller Einsatz für die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main hatte seine Kräfte verzehrt. Möge die Erinnerung an diesen verdienten Hochschullehrer und großartigen Menschen der am 12. Mai 1963 im 87. Lebensjahr in Frankfurt am Main starb, in der Geschichte der Universität lebendig bleiben.

Link zu seinen Röhren >>hier


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